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Die Neujahrsansprache der Bundeskanzlerin – und eine Antwort aus der Eifel

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Dienstag, 2.1.2018. Eifel. Liebe Leser, aus gegebenem Anlaß ändern wir unser laufendes Programm und begrüßen Angela Merkel, die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland in unseren Hallen. Guten Tag Frau Dr. Merkel.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, ich grüße Sie herzlich. Ich freue mich über die Gelegenheit, Ihnen auch an diesem Silvestertag einige Gedanken zu sagen, die mich an der Schwelle zum neuen Jahr bewegen.

Liebe Frau Merkel: ich freue mich auch, Sie hier begrüßen zu dürfen – auch wenn es mich verwundert. Ich hätte gedacht, Sie halten sich dieses Jahr zurück: immerhin haben Sie drei Monate nach der Wahl noch keine regierungsfähige Mehrheit. Ich an Ihrer Stelle hätte mit großen Auftritten gewartet, bis klar ist, dass ich überhaupt genug Abgeordnete finde, die mich als Kanzler hätten haben wollen. Momentan – gibt es die nicht. Aber: sei´s drum.

„Aus zahlreichen Gesprächen und Begegnungen in diesem Jahr weiß ich, dass sich viele von Ihnen Sorgen über den Zusammenhalt in Deutschland machen. Schon lange gab es darüber nicht mehr so unterschiedliche Meinungen. Manche sprechen gar von einem Riss, der durch unsere Gesellschaft geht.“

Ja – sagen manche das? Aber Sie selbst … haben davon noch nichts gemerkt? Müssen darauf warten, was andere Ihnen sagen? Wissen Sie, dass ich gerade ein ganz mulmiges Gefühl bekomme, wenn ich daran denke, dass Sie die bestinformierteste Person in Deutschland sein sollten … aber sich lieber nach Geschwätz orientieren? Ich kann Ihnen von diesem Riss erzählen – steht ja in allen Zeitungen. Darf ich mal zittieren? Bitte schön (siehe Spiegel):

Auch für Deutschland konstatieren die Forscher eine zum Teil erheblich gewachsene Ungleichheit. Zu den Gewinnern gehören dabei die Besitzer von Unternehmen, die in Deutschland überdurchschnittlich oft in Familienhand sind. DIW-Forscherin Bartels beobachtete unter anderem eine Korrelation zwischen steigenden Ausfuhren und den Einkommen des obersten Prozents. „Man könnte daraus folgern, dass unser Status als Exportweltmeister vor allem den Topverdienern zugutekommt.“

Ja – was die Leute so reden, ist oft nicht nur Gerede – manchmal gibt es dazu auch Fakten:

Einen schwindenden Anteil am wirtschaftlichen Erfolg in Deutschland hat die untere Hälfte der Einkommensbezieher. Bei ihr kam laut Bartels in den Sechzigerjahren noch immerhin ein Drittel der Gesamteinkommen an. Mittlerweile ist es nur noch knapp ein Sechstel.

Merken Sie sich bitte den Zusammenhang zwischen „Export“ – und „Gewinn“. Doch – das wird noch wichtig werden.

Die einen sagen: Deutschland ist ein wunderbares Land, in dem die Werte unseres Grundgesetzes gelebt werden. Ein Land, das stark und wirtschaftlich erfolgreich ist. In dem noch nie so viele Menschen Arbeit hatten wie heute. Ein Land mit einer weltoffenen und vielfältigen Gesellschaft, mit einem starken Zusammenhalt, in dem sich tagtäglich Millionen Menschen ehrenamtlich für andere engagieren, zum Beispiel im Sport, für Kranke und Schwache oder auch in der Flüchtlingshilfe.

Deutschland – ein Land, in dem die Werte unseres Grundgesetzes gelebt werden? Da hätte ich schon gerne Namen gehabt: wer Ihnen den Floh ins Ohr gesetzt hat. Fragen Sie mal die Arbeitslosen in Deutschland, wie es mir ihrer Würde aussieht. Fragen Sie mal die obdachlose Frau, die neben ihrer toten Mutter aufgewacht ist (siehe Tag24). Ja – sowas gibt es wieder in diesem Land. Die einen schaufeln Diäten in sich hinein, bis einem schlecht wird – das war glaube ich die einzige Entscheidung, die Sie und ihre Kameraden im Bundestag seit der Wahl geschafft haben: Diätenerhöhung … ohne zu merken, wie peinlich das eigentlich ist. Die anderen … leben im Wald – und erfrieren auch dort. Da muss man aber nicht HÖREN, was LEUTE SAGEN – da reicht es, sich einfach mal zu INFORMIEREN. Sagen die Leute, es gäbe noch nie so viele Menschen die Arbeit hatten wie heute? Das ist eine glatte Lüge, mit Verlaub gesagt. Schauen Sie sich doch mal die realen Zahlen bei der Bundeszentrale für politische Bildung an – Ihrer Bundeszentrale für politische Bildung (siehe bpb). Und merken Sie sich bitte den dort erwähnten Begriff von Umbruchsarbeitslosigkeit. Wir haben immer noch eine hohe Massenarbeitslosigkeit – verglichen mit den sechziger Jahren – und wir marschieren auf eine immer größere zu: 18 Millionen Jobs kann der nächste Umbruch kosten – auf den wir überhaupt nicht vorbereitet sind (siehe Welt). Eine Gesellschaft mit einem starken Zusammenhalt? In der Obdachlosigkeit ständig neue Rekorde hat (siehe Spiegel), weil ein kleiner, vermögender Teil der Gesellschaft die Mieten gar nicht hoch genug treiben kann? In der ein deutscher Bundeskanzler stolz darauf ist, den größten Niedriglohnsektor Europas geschaffen zu haben: also eine erstklassige Absahnmöglichkeit für amoralische und asoziale „Unternehmercharaktere“ – die keinerlei Skrupel kennen, den ärmsten der Armen den letzten Cent aus der Tasche zu ziehen?

Die anderen sagen: Es gibt zu viele Menschen, die an diesem Erfolg nicht teilhaben. Die nicht mit dem Tempo unserer Zeit mitkommen. Die sehen, dass es ihre Kinder in die Großstädte zieht und sie allein bleiben, in Gebieten, in denen vom Einkauf bis zum Arztbesuch der Alltag immer schwieriger wird. Die sich sorgen, dass es zu viel Kriminalität und Gewalt gibt. Die sich fragen, wie wir die Zuwanderung in unser Land ordnen und steuern können.

Hach ja – sagen die das, die anderen? Aber die wissen nichts von Umbruchsarbeitslosigkeit, die entsteht, wenn globale Mächte und Gewalten sich weltweit auf die Suche nach ausbeutbaren Männern, Frauen und Kindern machen, deren Lebenssinn nur einer ist: so billig arbeiten wie möglich. Schön, dass man Ihnen nur von den alten Menschen auf dem Dorf erzählt, wo der Renditewahn die komplette öffentliche Versorgung zusammenbrechen läßt, weil … ja weil: Regierung sich aus Daseinsfürsorge immer weiter zurückgezogen hat. Ja: unsere Regierungen haben den Zusammenhalt aufgekündigt, sie verhalten sich inzwischen wie billigste Beutelschneider und Tagediebe, wie Gaukler und Lumpengesindel: kassieren: JA! – liefern: nein. Und Sicherheit? Die Mordrate ist seit 2002 rückläufig – jedenfalls war sie das bis 2015, seitdem steigt sie wieder an – und zwar nicht wenig. Versuchter Mord steigt sogar rasant an (siehe BKA Kriminalstatistik, Jahrbuch 4, Seite 9). Schauen Sie sich mal die Tabelle 61 an: nichtdeutsche Tatverdächtige machen 37,1 Prozent alle Mörder aus – und 42 Prozent derjenigen, die des Totschlags verdächtig sind. Zitat:

Nichtdeutsche stellten bei „Mord“ etwa drei und bei „Totschlag und Tötung auf Verlangen“ etwa vier von zehn Tatverdächtigen. Zu beachten ist dabei, dass sich die nichtdeutsche Wohnbevölkerung immer noch zu
einem größeren Teil aus – unter demografischen Gesichtspunkten relativ stärker kriminalitätsbelasteten –jüngeren Männern unter vierzig Jahren zusammensetzt als die deutsche Wohnbevölkerung. Ferner dürfte
auch die besondere, konfliktträchtige Lebenslage in der Fremde, insbesondere auch in sozialstrukturellerHinsicht, bedeutsam sein.

Nur – Nichtdeutsche machen nur einen Bruchteil der Gesamtbevölkerung aus. Verstehen Sie jetzt, wo die Ängste der Menschen herkommen? Das müssten alles Daten sein, die Ihnen bekannt vorkommen müssten, weil es Ihr Job ist, die Politik nach Fakten zu organisieren. Es geht auch – und da haben Sie wohl was falsch verstanden – nicht um die Frage, wie wir „Zuwanderung steuern und ordnen können“ – es ginge erstmal um die Frage, wie ein hoch verschuldetes, dicht bevölkertes Land überhaupt auf die Idee kommt, Einwanderungsland spielen zu wollen, obwohl wir noch nicht mal für die Eingeborenen genug Geld haben.

Hochverschuldet? Darf ich Ihnen nur ein kleines Beispiel nennen, dass aber auch gleichzeitig viel über unseren „Erfolg“ aussagt? Stammt aus einem angesehenen Wirtschaftsmagazin (siehe Manager-Magazin):

Zugleich vergrößert sich der Schaden jeden Tag durch Verschleppen der Eurokrise. Während wir uns der guten Konjunktur erfreuen, nutzen die Sparer der Krisenländer das monetäre Umfeld zu einer Fortsetzung der Kapitalflucht. Spiegelbildlich wachsen die zins- und tilgungsfreien und völlig unbesicherten Forderungen der Bundesbank gegen die Krisenländer. Die Target2-Forderungen erreichten kürzlich mit 857 Milliarden Euro einen neuen Rekordstand. Pro Kopf gerechnet gewähren wir also dem Ausland mehr als 10.000 Euro Kredit. Nochmals: ohne Sicherheit, ohne Zins und ohne Aussicht auf Tilgung.

Wissen Sie, Frau Merkel, was das bedeudet? Unsere Arbeiter arbeiten für Billiglöhne, damit der Export brummt: wir verkaufen aber unsere Autos und Maschinen gegen Kredite, die erstmal nur rechnerisch ein Gewinn sind – jener Gewinn, den Sie so feiern. Zahlen unsere Schuldner in Italien, Spanien, Frankreich und Griechenland aber nicht … fehlt uns ein Betrag, von dem unser Staat drei Jahre lang leben muss. Das ist ähnliche wie wirtschaften mit Bilanzen, in denen ein potentieller Lottogewinn eingebaut wurde.

Beides sind Realitäten in unserem Land: der Erfolg und die Zuversicht, aber auch die Ängste und die Zweifel. Für mich ist beides Ansporn. Denn Sie, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, haben uns Politikern den Auftrag gegeben, uns um die Herausforderungen der Zukunft zu kümmern und da bei die Bedürfnisse aller Bürgerinnen und Bürger im Auge zu haben. Diesem Auftrag fühle ich mich verpflichtet – auch und gerade bei der Arbeit daran, für Deutschland im neuen Jahr zügig eine stabile Regierung zu bilden.

Denn die Welt wartet nicht auf uns. Wir müssen jetzt die Voraussetzungen dafür schaffen, dass es Deutschland auch in 10, 15 Jahren gut geht. Und wirklich gut geht es Deutschland, wenn der Erfolg allen Menschen dient und unser Leben verbessert und bereichert. Dabei kann der Leitgedanke der Sozialen Marktwirtschaft, dass wirtschaftlicher Erfolg und sozialer Zusammenhalt zwei Seiten einer Medaille sind, auch in der Zeit des digitalen Fortschritts unser Kompass sein.

Schön, dass Sie sich einmal an Ihren Auftrag erinnern. Schön, dass Sie sich an den Leitgedanken der Sozialen Marktwirtschaft erinnern – als das nicht nur Kompass, sondern Wille und Gesetz war, ging es den Bürgern dieses Landes deutlich besser. Es braucht aber nicht „unser“ Kompass zu sein, denn: wie Sie selbst erwähnen: der deutsche Bürger ist noch sehr sozial, ich denke sogar: das Soziale überwiegt noch das Asoziale in allen Parteien dieses Landes … wenn man auf die Basis schaut. Ja – das ist das wunderbare an diesem Land: ich kenne Linke und Konservative, die sich in Punkto Menschlichkeit überhaupt nicht unterscheiden, die sehr konstruktiv zum Wohle des Landes zusammenarbeiten könnten … nur: je höher man in die politische Machtpyramide schaut, umso befremdlicher werden die Charaktere und Ansichten, die sich dort sammeln. Damit meine ich natürlich nicht Sie, Frau Merkel – denn Sie haben ja von allem keine Ahnung … was Sie uns ja gleich zu Jahresbeginn mitteilen mussten. Deshalb werden Ihre Schlussfolgerungen … verständlich:

Das bedeutet zum einen:

– bestehende Arbeitsplätze zu sichern wie auch ganz neue Jobs für die Zukunft zu schaffen,

– die Unternehmen noch mehr bei Forschung und Entwicklung in innovative Technologien zu unterstützen,

– den Staat zum digitalen Vorreiter zu machen,

– und vor allem uns und unsere Kinder mit bester Bildung und Weiterbildung auf den digitalen Fortschritt vorzubereiten.

Was Ihnen wohl überhaupt nicht klar ist: wenn Sie Unternehmen bei der Entwicklung innovativer Technologien unterstützen, sorgen Sie damit gleichzeitig für den Arbeitsplatzabbau: der selbstfahrende LKW, die automatische Kasse, die automatisierte Verwaltung … da fallen Millionen Stellen weg. Auch für „Fachkräfte“. Nennt man: Umbruchsarbeitslosigkeit. Sie sehen: es hat sich gelohnt, sich den Begriff zu merken. Sie brauchen auch die Kinder nicht auf den digitalen Fortschritt vorbereiten: für die ist das kein „Neuland“, die leben schon darin, aber Bildung und Weiterbildung wäre schon mal ein Gewinn: damit die jungen Leute den sozialen Rückschritt erkennen können, dem wir seit 2005 erliegen – und der eher Hauptursache für Sorgen und Ängste innerhalb des Landes ist als eine „Einwanderungspolitik“ mit der Brechstange nach Gutsherrenart. Der Staat kassiert ohne Ende – brüstet sich stolz mit „Überschüssen“ (Überschüsse, die hauptsächlich aus der Niedrigzinspolitik der EZB resultieren – aber das hat Ihnen wahrscheinlich auch keiner gesagt – findet man auch im Manager-Magazin) …als wäre er eine Firma, die Gewinne einfahren kann – und zieht sich von seinen Aufgaben zusehends zurück. Sollen die Menschen doch zusehen, wie sie klar kommen: „uns“ (den Steuerverwaltern) geht es ja gut … weil „wir“ für „uns“ genug abzweigen können – jederzeit. Hat Ihnen schon mal jemand erzählt, dass inzwischen schon 4 von 10 Schülern nicht mehr wissen, wofür der Begriff „Auschwitz“ steht (siehe Spiegel)? Noch ein paar Jahre so ein erfolgreicher „Kampf gegen Rechts“ – und wir können Geschichte nochmal wiederholen, anstatt daraus zu lernen.

Sie können auch keine bestehenden Arbeitsplätze sichern oder Jobs für die Zukunft schaffen: das wäre Aufgabe der Wirtschaft … anders gesagt: würden Sie das machen, wäre das DDR 2.0. Aber Sie können die Wirtschaft dazu bringen, ihren Job zu machen, sich nicht mehr als Parasit der Bürgergemeinschaft aufzuführen, der Gewinne absahnt und Verluste großzügig von Bürgern bezahlen läßt, sondern sich wieder als produktiver, sozial verantwortlicher Teil der Gemeinschaft anstatt als asozialer Straßenräuber zu verstehen.

Und das heißt zum anderen:

– die Familien in den Mittelpunkt zu stellen, sie finanziell zu entlasten, damit sie Familienleben und Beruf noch besser vereinbaren können,

– eine gute und würdevolle Pflege zu ermöglichen, in dem wir die Pflegeberufe stärken und die Menschen, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen, noch besser unterstützen,

– und – nicht zuletzt – für gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Regionen unseres Landes zu sorgen – ganz gleich ob in der Stadt oder auf dem Land.

Und wir werden noch mehr in einen starken Staat investieren müssen, der die Regeln unseres Zusammenlebens verteidigt und für Ihre Sicherheit – für unser aller Sicherheit – sorgt.

Liebe Frau Merkel: Sie müssen nicht in einen starken Staat investieren, Sie müssen ihn in erster Linie leben – sonst nützen ihnen die ganzen frommen Wünsche nichts. Die Familien zerbrechen nicht am Geldmangel, sondern an Zeitmangel – auch das sollte Ihnen mal jemand sagen. Ich kann Ihnen sagen, wie sie das machen können: ordnen Sie morgen per Gesetz die 19-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich an … und überlassen es der zauberhaften unsichtbaren Hand des Marktes, die Folgen dieser Entscheidung zu regeln: schon geht es den Familien besser. Es gäbe auch Zeit für Bildung, Zeit für Pflege, Zeit für Kinder. Doch was macht der Staat? Zieht sich überall zurück – und diese Glanzleistung möchten Sie wirklich noch weiter subventionieren? Noch mehr Geld in einen Staat investieren, der alle seine Vermögenswerte verschleudert – und uns jetzt unsere eigenen Autobahnen in Rechnung stellt?

Erlauben Sie sich doch mal wahrzunehmen, was die letzten Jahrzehnte passiert ist (siehe Spiegel):

Seit den Achtzigerjahren seien durch Privatisierungen in fast allen Länder vormals öffentliche Vermögen in private Hände gewandert. Inzwischen liege das öffentliche Vermögen in den reichen Ländern „nahe null oder gar im negativen Bereich.“ Dadurch verringere sich der Spielraum der Regierungen, der Ungleichheit entgegenzuwirken.

Ich sagen Ihnen jetzt mal was zu dem starken Staat und seiner „brummenden“ Wirtschaft – bzw.: ich lasse was sagen. Von einem konservativen Wirtschaftsexperten – also einem der Jungs, der Ihrer Partei nahesteht (siehe Manager-Magazin):

Es ist Zeit, dass wir unsere Wirtschaftspolitik grundlegend hinterfragen. Seit Mitte der 1980er-Jahre setzen wir darauf, mit immer mehr Schulden kurzfristiges Wachstum zu erzielen. Dabei nimmt die Produktivität der neuen Schulden immer mehr ab. Nachdem jahrzehntelang die Wirtschaft im Einklang mit der Verschuldung wuchs, werden heute weltweit immer mehr Schulden gebaucht, um überhaupt noch Wachstum zu erzielen. Die Ursache liegt in der überwiegend unproduktiven Verwendung der Schulden. Wir kaufen uns damit gegenseitig vorhandene Vermögenswerte zu immer höheren Preisen ab. Im Unterschied zu Investitionen in neue Produkte und Dienstleistungen wächst dadurch die Wirtschaft jedoch kaum, wenn man von dem Zusatzkonsum durch den Reichtumseffekt steigender Vermögenspreise absieht.

Ermöglicht wird das Ganze von einem Bankensystem, das fast unbegrenzt neues Geld schöpfen kann, indem es Kredite gewährt. In unserem Geldsystem wird neues Geld überwiegend (zu rund 90 Prozent) durch das Bankensystem geschaffen.

Da haben Sie jetzt alles in der Hand, könnten ohne viel Geld einfach mal kräftig durchgreifen. Lesen Sie diese Zeilen bitte deutlich: unser Aufschwung besteht darin, dass sich Menschen, die sich reich gerechnet haben (wenn die Exportschuldner nicht zahlen, sieht es bei denen auch übel aus – aber die haben sich sicher jetzt schon abgesichert und überlassen uns gnädig den Verlust … wie schon bei der letzten Krise), gegeneinander ihre Sammlung moderner Gemälde abkaufen (oder Bitcoins, oder Aktien, oder Villen und Mietskasernen) und dadurch die neue Riesenblase schaffen, die das Kartenhaus wieder zusammenstürzen lassen wird. Vielleicht sogar schon in diesem Jahr. Reden Sie nicht mit Menschen, die Ihnen sowas erzählen könnten? Verstaatlichen Sie doch einfach mal diese Horrorbanken – und nein: das ist kein Kommunismus, das ist Notwehr, die dringend nötige Reparatur eines sich selbst vernichtenden Systems.

Ich danke deshalb an dieser Stelle ganz besonders den Polizistinnen und Polizisten, die auch heute Abend für uns da sind und zum Beispiel die vielen Silvesterfeiern im Land schützen, wie auch den Soldatinnen und Soldaten, die hier zulande oder in den Auslandseinsätzen ihren Dienst für unser Land tun.

Es wäre schön, wenn … es noch wie früher wäre, als Sylvesterfeiern nicht gesondert von der Polizei geschützt werden müssen. Es war ja auch lange Zeit so, dass man in diesem Land Sylvester ohne Panzersperren und bewaffnete Wachen feiern konnte … und ohne dass man für sexuell belästigte Frauen besonders geschützte Zonen schaffen musste, wo sie Schutz suchen können vor den Schutzsuchenden (siehe BZ). Wissen Sie eigentlich, wie sich die Sprache in diesem Land verändert hat – und das Sprechen selbst? Man (also: der SPIEGEL) spricht inzwischen offen von:

marodierender Männergruppen aus Nordafrika, die vor zwei Jahren den Platz für einige Stunden in einen rechtsfreien Raum verwandelt hatten und die Kölner Silvesternacht über die Grenzen Deutschlands hinaus zu einem Synonym für eine angeblich gescheiterte Flüchtlingspolitik werden ließen.

„Marodierende Männergruppen aus Nordafrika“ … das durfte man in diesem Land vor zwei Jahren noch nicht sagen – und doch sind sie Realität geworden. Natürlich dürfen wir nicht darüber reden, denn: es sind andere Menschen mit viel Geld und gigantischem Einfluss, die solche Entwicklungen in Gang gesetzt haben. Es wäre da einfach mal Zeit für die Wahrheit: jene Wahrheit, dass wir gar nicht souverän sind – nicht, weil irgendwelche Reichsbürger irgendwelche Texte und Zitate neu sortieren, sondern weil … wir zu einhundert Prozent abhängig sind von Ratingagenturen aus den USA. Senken die den Daumen über Deutschland – können wir sofort Renten, Sozialhilfe, Firmensubventionen, Kindergeld, Lehrergehälter, Polizisten und Soldaten nicht mehr bezahlen. Sofort – weil wir Zinsen zahlen müssten ohne Ende und unsere „Vermögen“ nur aus Blasen und Träumen bestehen … es sei denn, wir bekommen wirklich all jene Gelder zurück, die bislang als Kredite herumlaufen.  Sie könnten von dieser Abhängigkeit wissen – Ihr Finanzministerium hatte deshalb ein Gesetz erlassen – mit interessanten Einschätzungen (siehe Bundesfinanzministerium):

Die unkritische und häufig schematische Übernahme von Ratings von Ratingagenturen durch Unternehmen der Finanzbranche haben in der Vergangenheit häufig zu einer Fehleinschätzung der Verlustrisiken geführt. Dies hat erheblich zum Entstehen und zur Verschärfung der Finanzmarktkrise im Herbst des Jahres 2008 beigetragen.

Das Gesetz hat an deren Macht nichts geändert – erfährt man nebenbei in einem ZDF-Beitrag (siehe Fabio-de-Masi). Darum können wir uns unsere Gesetzgebung auch gleich von den drei großen Agenturen vorschreiben lassen – beschließen wir was, was denen nicht gefällt (ja: die Maßstäbe sind laut ZDF ganz willkürlich), können wir die Bude zu machen. Wozu brauchen wir unter diesen Umständen eigentlich noch eine Regierung?

Die Zukunft Deutschlands ist bei all dem untrennbar mit der Zukunft Europas verbunden. 27 Staaten in Europa müssen stärker denn je dazu bewogen werden, als eine Gemeinschaft zusammenzuhalten. Das wird die entscheidende Frage der nächsten Jahre sein.

Es wird darum gehen, ob wir Europäer in der globalen und digitalen Welt unsere Werte solidarisch und selbstbewusst nach innen wie nach außen vertreten, ob wir so auch für ein wirtschaftlich erfolgreiches und gerechtes Europa arbeiten und konsequent für den Schutz unserer Außengrenzen wie auch die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger eintreten. Deutschland und Frankreich wollen gemeinsam dafür arbeiten, dass das gelingt, und so dazu beitragen, Europa für die Zukunft fit zu machen.

Nur – machen Sie Europa bislang nicht für die Zukunft fit, sondern für das Urteil der Märkte – sprich: das Urteil von einem halben Dutzend Angestellter der drei großen Agenturen, die schon in der Finanzkrise völlig daneben lagen. Man sollte den Bürgern ruhig mal die Wahrheit zumuten – gerade zum neuen Jahr. Vielleicht auch die Wahrheit darüber, warum unsere Soldaten in Afghanistan töten und sterben – ebenso in Mali. Und irgendwie sogar auch schon in Syrien. Mir würde es gefallen, wenn Sie diese Fragen mal in einen Zusammenhang brächten: womöglich verkaufen wir unsere Soldaten schon für ein gutes Rating – oder öffnen dafür unsere Grenzen. Es wäre ja schon ein Gewinn, wenn die EZB in diesem gemeinsamen Europa einer europäischen Ratingagentur nicht im Wege stehen würde – wie sie es derzeit tut (siehe FAZ).

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, das Ringen um richtige Antworten gehört zu einer lebendigen Demokratie. Wir sind – im besten Sinne – eine vielstimmige Gesellschaft. Zugleich einen uns die Werte unseres Grundgesetzes: also die Achtung vor der unantastbaren Würde jedes einzelnen Menschen und seiner Freiheitsrechte. Dass wir uns wieder stärker bewusst werden, was uns im Innersten zusammenhält, dass wir wieder deutlicher das Gemeinsame in den Vordergrund stellen, dass wir uns bemühen, wieder mehr Achtung vor dem anderen zu haben, und zwar Achtung im umfassenden Sinne – aufmerksam sein, wirklich zuhören, Verständnis aufbringen -, das sind meine Wünsche für das neue Jahr.

Liebe Bundeskanzlerin – und deshalb wäre es schön gewesen, wir hätten mal um richtige Entscheidungen gerungen – aber 2017 ist es noch nicht einmal gelungen, zwischen der – unbestreitbar substantiell wichtigen – Asylpolitik und einer ominösen, von oben angeordneten Einwanderungspolitik zu unterscheiden; ja, Diskussionen darüber wurden mit viel Geld und verbaler Gewalt unterbunden, wir wurden von einer vielstimmigen Gesellschaft zu einer eintönigen, man zögerte nicht, schon bei leisesten Fragen gegen die Politik der Regierung die Kritiker mit den häßlichsten, massenmordenden Ungeheuern der Weltgeschichte gleich zu setzen – den Nazis. Seit dem sogar die Friedensbewegung — in völliger Geistlosigkeit und Realitätsferne – mit faschistischen und rassistischen Welteroberungsträumern gleichgesetzt wird, gibt es eine neue Kultur der Angst in Deuschland … und wenn ich Ihren Worten folgen darf, haben wir seitdem dann eine …. tote Demokratie.

Mir wäre wirklich wohler, wenn Sie und ihre Kameraden nicht nur fromme Wünsche hätten – sondern einen entschlossenen Willen, Probleme zu erkennen – anstatt sie nur schön zu reden.

Und Ihnen und Ihren Familien wünsche ich Gesundheit, Kraft, Zuversicht und Gottes Segen für das neue Jahr 2018.“

Und ich wünsche Ihnen … Fakten, Weisheit, Durchsetzungsstärke und ein funktionierendes Gewissen. Ich denke – das würde uns allen gut tun.

Und: reden sie bitte mal mit anderen Leuten.

Gerne … können Sie aber auch mal das Regieren ein paar Jahre sein lassen. Sie werden sehen: niemand wartet auf „uns“ … und niemand wird irgendwas vermissen. Vielleicht … wird sogar manches besser, wenn die Basis dieses Landes ihre Geschicke wieder einfach mal selbst in die Hand nimmt … über alle Parteigrenzen hinweg.

Zuzutrauen … wäre es „denen“.

(PS: vielen Dank der FAZ für den Abdruck der Rede, die hier zitiert wurde. Echt: Danke!)

 


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